Ilja Srubar

 

Wo liegt Macht?

 

Zur Semantik- und Sinnbildung in der Politik

 

 

 

 

“Macht”, obwohl allgegenwärtig beobachtbar als Phänomen, ist trotzdem theoretisch schwer zu orten. Fasst man die Macht als das Vermögen zur Selektion von Möglichkeiten, so lassen sich die Quellen der Macht in den Selektionsleistungen des sinngenerativen Zusammenhangs der sozialen Wirklichkeit aufweisen, auf dessen semiotischer, diskursiver und medialer Ebene wir sinnselektive Mechanismen finden. Sofern die Politik Macht ausüben will bzw. soll, ist sie als eine besonders abgrenzbare Praxis der Sinnselektion im Rahmen des sinngenerierenden Zusammenhangs aufzufassen Auch sie muss sich an semiotische, diskursive und mediale sinnselektive Mechanismen stützen, wenn es auch spezifische Varianten dieser Grundlagen gibt, die “das Besondere” der politischen sinnselektiven Praxis ausmachen. Dieses Besondere, so die These. besteht darin, dass die politische Praxis nicht nur versuchen muss, die soziale Kontrolle über die wirklichkeitskonstruierende Macht der Semiosis zu gewinnen, wie Machtdiskurse es tun, sondern sie muss darüber hinaus auch die Kontrolle über das diskursive Geschehen selbst, d.h. über den Machtdiskurs dessen Teil sie ist, anstreben. Wenn Sinnselektion die Quelle der politischen Macht ist, dann müssen politische Semantiken versuchen, bereits die Entstehung ernsthaft konkurrierender, d.h. etwa systemregelverändernder Konstruktionen zu verhindern. Dazu bedienen sie sich einer Reihe von Immunisierungsstrategien, wobei sie auf die oben genannten sinnselektiven Mechanismen zugreifen.

 

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