Giuliana Parotto

 

Die religiöse Symbolik im politischen Auftritt von Berlusconi

 

 

 

 

 

In der politikwissenschaftlichen Analyse des Aufstiegs des Medienmagnaten Silvio Berlusconi zum politischen Führer in Italien findet der unübersehbare Gebrauch von religiösen Symbolen in dessen politischem Diskurs keine systematische Beachtung. Die zweideutige Vermischung von Politik und Religion scheint sich, was Italien anbelangt, in einem blinden Fleck der öffentlichen Wahrnehmung zu befinden. Im deutschsprachigen Raum wird der Auftritt Berlusconis dagegen wahlweise als oberflächlich, unseriös oder auch geschmacklos angesehen. Dabei erweist sich der Rückgriff auf religiöse Formen und Bilder, die wie im Fall des “liberalen Credos” ganz andere politische Inhalte transportieren, als außerordentlich wirkungsvoll. Berlusconis Wechsel in die Politik erfolgte am Tiefpunkt des von den “Mani pulite” herbeigeführten Zusammenbruchs des italienischen Parteiensystems, das Berlusconi selbst als Leviathan geißelt. Seine “discesa in campo” wird als das Ergebnis einer Bekehrungserfahrung dargestellt, als Annahme eines höheren Auftrags zur Befreiung des Landes und seiner Menschen aus dem Würgegriff des Staatsmolochs. Diese Mission beschreibt Berlusconi als einen persönlichen Opfergang, dessen bitteren Kelch er gerne an sich vorübergehen hätte lassen. Es findet sich eine Fülle weiterer Bilder aus dem Evangelium, etwa der Gang durch die Wüste oder die Versuchung durch das Böse bis hin zu Aussagen wie: “Ich bin die Liebe”. Große Bedeutung hat schließlich die Gegenüberstellung von “alt” und “neu”, wobei das “Alte” für den Leviathan steht, das “Neue” aber von Berlusconi in die – italienische – Welt getragen wird. Eschatologische Züge finden sich bei der Beschreibung des “neuen Menschen” als Modell für die “Azzurri”, der ordensähnlich geführten Bewegung Forza Italia.

 

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