Florian Oberhuber

 

Bedingungen und Funktionen politischer Semiose

 

Der Fall der Politisierung europäischer Integration

 

 

 

 

Europa wird zunehmend als politisches Problem beobachtet, wobei ihrer Organisation als Union insbesondere eine Reihe von Defiziten nachgesagt werden, welche zumal “weiche” Aspekte wie Identität, Legitimität, Öffentlichkeit usw. betreffen. Dieser Beitrag nimmt solche Diskurse Ernst als Symptome für ein zugrunde liegendes Problem, das unter dem Titel politische Semiose diskutiert werden kann: die Herstellung öffentlicher Sichtbarkeit und Lesbarkeit politischer Wirklichkeit sowie einer Semantik der Legitimität von Herrschaft.

Die theoretische Erkundung dieser Prozesse greift zunächst auf Vorschläge aus der Institutionentheorie sowie der Hermeneutik politischer Symbole zurück, um diese in einem zweiten Schritt im Anschluss an die Systemtheorie Luhmanns erkenntniskritisch zu präzisieren: Politik, so die These, impliziert eine semiotische Dimension insofern, als sie zu ihrem Funktionieren auf die Sichtbarkeit der Macht angewiesen ist, und als die von ihr produzierten Entscheidungen immer auch eine territorial und mitgliedschaftlich bestimmte Kollektivitätsfiktion als Fremdreferenz mitführen.

In einem dritten Abschnitt wird am Beispiel der europäischen Integration zu zeigen versucht, inwiefern sich die Frage nach dem Politischen und seiner Transformation ausgehend von einer solchen Problembestimmung öffnen und insbesondere auch empirisch handhabbar machen lässt. Als zentrale These wird dabei einerseits die Unabweisbarkeit einer Semiotisierung des europäischen politischen Bands, andererseits das Versagen der überkommenen Semantik der politischen Moderne behauptet. In diesem Zwischenraum – und jenseits klassischer Staatlichkeit – bewegt sich die aktuelle Evolution europäischer politischer Semantik.

 

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